Als OSZE-Wahlbeobachter in Budapest: Kein Wahlbetrug in Ungarn festgestellt

Als OSZE-Wahlbeobachter in Budapest: Kein Wahlbetrug in Ungarn festgestellt

13.05.2022 – the Germanz

BERLIN/BUDAPEST – Bei Parlamentswahlen in vielen Staaten werden internationale Beobachter eingeladen – oder laden sich selbst ein -, um ein Auge darauf zu haben, dass alles mit rechten Dingen zugeht beim Wahlakt und beim Auszählen. In Deutschland, Frankreich oder Dänemark ist das aus irgendwelchen Gründen nicht üblich. Aber zum Beispiel in Ungarn. Dort löste jüngst der Konservative Vikor Orban mit einem großen Wahlerfolg das Ticket für eine weitere Amtszeit. Unter den OSCE-Wahlbeobachtern aus allen möglichen Parteien und Ländern: der AfD-Bundestagsabgeordnete Malte Kaufmann. Wir sprachen mit ihm über seine Mission in Budapest.

Herr Kaufmann, Sie waren Beobachter der Wahlen zuletzt in Ungarn. Ist da alles korrekt verlaufen? Bei großen Wahlerfolgen der regierenden Partei muss man ja vermutlich besonders hinschauen…

Die OSZE kam mit einer besonders großen Mission: Es nahmen insgesamt 312 Langzeit- und Kurzzeitbeobachter aus 45 Ländern teil, darunter 221 von ODIHR (Büro für Demokratische Institutionen und Menschenrechte) entsandte Experten und 91 Parlamentarier und Mitarbeiter der Parlamentarischen Versammlung. Ich persönlich war mit Kollegen der Parlamentarischen Versammlung im Kurzzeiteinsatz.

Wir kamen am Donnerstag vor der Wahl an und blieben bis zum Tag danach. Als Beobachter bin ich gehalten, auf die Gesamtbewertung der OSZE zu verweisen, und nicht nur meine eigenen Beobachtungen für die Bewertung der Wahl heranzuziehen. Deshalb zitiere ich im Folgenden aus dem OSZE-Abschlussbericht, der sich mit meinem positiven Eindruck deckt.

„Im Ergebnis kam die OSZE zu folgenden wesentlichen Erkenntnissen:

– Die Parlamentswahlen in Ungarn boten den Wählern verschiedene pol. Alternativen und wurden gut durchgeführt.
– Der rechtliche Rahmen in Ungarn bildet eine angemessene Grundlage für die Durchführung demokratischer Wahlen.
– Nach einem umfassenden Verfahren zur Registrierung der Kandidaten konnten diese ihren Wahlkampf weitgehend frei führen.
– Der Wahltag verlief friedlich und wurde von den Beobachtern als gut organisiert, geordnet und reibungslos bewertet, wenngleich es auch Berichte von überfüllten Wahllokalen gab.“

Allerdings haben insbesondere die Langzeitbeobachter auch Defizite festgestellt, die über die Organisation des Wahltages und den Wahlvorgang im engeren Sinne hinausgehen: Dabei ging es beispielsweise um Voreingenommenheit von Medien und Transparenz von Wahlkampffinanzierung.

Unterlegene Parteien und Kandidaten neigen ja in Demokratien oft dazu, die Niederlage mit Wahlbetrug zu kommentieren. Donald Trump ist da wohl das prominenteste Beispiel. Einen Nachweis über wahlentscheidende Manipulationen konnten auch seine Anwälte in mehr als 60 Gerichtsverfahren nicht vorlegen. Wären wahlentscheidende Manipulationen überhaupt möglich?

Wir haben in Ungarn keinen Wahlbetrug feststellen können. Der Wahltag war hervorragend organisiert, die Stimmabgabe war transparent. Die Kommissionen in den Wahllokalen konnten von Vertretern aller Parteien besetzt werden, die sich gegenseitig kontrollierten und gleiches Stimmrecht für Kommissionsentscheidungen hatten. Es gab vereinzelt Gerüchte, dass sogenannte „Kettenstimmabgaben“ stattfinden könnten. Hier sollten Gruppen von Wählern immer den Wahlzettel des vorigen Wählers einwerfen und dann den eigenen Wahlzettel mit einem bestimmten Kreuz versehen und dem nächsten Wähler weitergeben. Das ganze dann gegen Geld oder Naturalien. Nun, wir haben so etwas nirgendwo beobachtet. Auch Einflussnahme von Parteien auf Wähler am Wahltag, beispielsweise in den Schlangen vor dem Wahllokal haben wir nicht beobachtet – und wir haben extra auf solche Dinge geachtet, weil diese Art von Manipulationen im Vorfeld befürchtet worden waren.

Sie waren mit einer internationalen Parlamentariergruppe als Beobachter in Ungarn. Kommen die auch nach Deutschland, wenn hier Wahlen sind, um zu schauen, dass alles korrekt läuft?

Die OSZE wird von der jeweiligen Regierung zur Wahlbeobachtung eingeladen. Seit 2009 sind OSZE-Beobachter auch in Deutschland bei den Bundestagswahlen dabei. Ich würde mir allerdings wünschen, dass die OSZE ähnlich wie in Ungarn mit einer großen, umfangreichen Mission aufwartet, um die Chancengleichheit der Parteien im Vorfeld der Wahl zu überprüfen, insbesondere was die Rolle der öffentlich-rechtlichen Medien anbetrifft und die Abhängigkeit der Zeitungen von staatlichen Geldern. Ich bin mir sicher, dass ähnliche Defizite wie in Ungarn bemängelt werden würden. Darüber hinaus sollte einmal begutachtet werden, wie oft verschiedene Parteien in den Haupt-Talkshows wie Maybrit Illner, Anne Will und Hart aber Fair vorkommen. Hier gibt es in Deutschland ein Ungleichgewicht, das unserer Demokratie schadet.

Was genau haben Sie dort gemacht, wie verlief der Wahltag für Sie persönlich?

Am Freitag und Samstag gab es verschiedene Briefings. Die Langzeitbeobachter stellten ihre Ergebnisse vor, Medien und Parteienvertreter waren eingeladen, Juristen beleuchteten die legalen Aspekte der Wahl und der Direktor der Wahlleitung in Ungarn stand Rede und Antwort- also der „Bundeswahlleiter“, wie er in Deutschland genannt wird.

Weil ich mich bereiterklärt hatte, am Wahltag außerhalb von Budapest eingesetzt zu werden, fuhr ich am Samstagnachmittag nach Pecs (Fünfkirchen). Dort traf ich mich mit zwei weiteren Kurzzeitbeobachtern: Tom Packalén (Finnland) von der Finns Party und Shannon Simrell (USA), die vom US-Kongress gesandt wurde. Wir wurden von den dortigen Langzeitbeobachtern instruiert. Am Sonntagmorgen fuhren wir in verschiedene von uns ausgesuchte Wahllokale in der Stadt und im umliegenden ländlichen Raum. Wir kamen ohne Vorwarnung.

Jeweils einer von uns übernahm die Leitung und stellte unser Team zunächst dem jeweiligen Vorsitzenden der Wahlkommission vor. Dann ließen wir uns verschiedene Dinge zeigen, zum Beispiel das offizielle Protokoll, die Legitimationsurkunden für die Mitglieder der Wahlkommission und die Wahlunterlagen. Wir beobachteten, ob die Wähler sich ordnungsgemäß auswiesen und im Wahlregister standen. Wir achteten darauf, dass die Unterlagen richtig übergeben wurden und auf die Möglichkeit, geheim in einer Wahlkabine zu wählen.

Wir überprüften die Siegel an den Urnen. Und wir sprachen mit Mitgliedern der Kommission und mit Wählern. Dabei half uns ein Übersetzer, der uns den ganzen Tag begleitete. Einmal kam eine Leiterin eines Wahlbüros auf uns zu und berichtete von einem Wahlplakat, das ihrer Meinung nach in zu geringer Distanz zum Wahllokal hing. Wir wussten bereits von den Briefings, dass dies in Ungarn – anders als in Deutschland- für alle Parteien erlaubt ist. Wir klärten das ganze aber noch mal mit dem OSZE-Büro ab und erhielten eine Bestätigung dieser rechtlichen Auffassung.

Ich persönlich interessierte mich auch besonders für das Minderheitenwahlrecht. Deshalb wählten wir uns einige Wahllokale aus, in denen – charakteristisch für die Gegend – Wähler der deutschen Minderheit zu erwarten waren. Diese konnten eine besondere Minderheitenliste wählen. Ich ließ mir in mehreren Wahllokalen das Wählerregister der Minderheiten und die entsprechenden Wahlunterlagen zeigen und stellte fest, dass alles korrekt verlief. Der Tag war zwar anstrengend, aber auch sehr lehrreich und interessant. Wir wurden stets respektvoll und wohlwollend empfangen.

In einem Wahllokal war der Wahlleiter ein Deutschlehrer. Er freute sich ungemein, einen deutschen Bundestagsabgeordneten begrüßen zu dürfen und zeigte mir kurz seinen Deutsch-Klassenraum, in dem auch die Wahl stattfand. In dieser Gegend lebten Donauschwaben, die vor vielen Jahren aus meinem Heimatbundesland Baden-Württemberg ausgewandert waren.

Das Interview führte Klaus Kelle.

Als OSZE-Wahlbeobachter in Budapest: Kein Wahlbetrug in Ungarn festgestellt

13.05.2022 – the Germanz

BERLIN/BUDAPEST – Bei Parlamentswahlen in vielen Staaten werden internationale Beobachter eingeladen – oder laden sich selbst ein -, um ein Auge darauf zu haben, dass alles mit rechten Dingen zugeht beim Wahlakt und beim Auszählen. In Deutschland, Frankreich oder Dänemark ist das aus irgendwelchen Gründen nicht üblich. Aber zum Beispiel in Ungarn. Dort löste jüngst der Konservative Vikor Orban mit einem großen Wahlerfolg das Ticket für eine weitere Amtszeit. Unter den OSCE-Wahlbeobachtern aus allen möglichen Parteien und Ländern: der AfD-Bundestagsabgeordnete Malte Kaufmann. Wir sprachen mit ihm über seine Mission in Budapest.

Herr Kaufmann, Sie waren Beobachter der Wahlen zuletzt in Ungarn. Ist da alles korrekt verlaufen? Bei großen Wahlerfolgen der regierenden Partei muss man ja vermutlich besonders hinschauen…

Die OSZE kam mit einer besonders großen Mission: Es nahmen insgesamt 312 Langzeit- und Kurzzeitbeobachter aus 45 Ländern teil, darunter 221 von ODIHR (Büro für Demokratische Institutionen und Menschenrechte) entsandte Experten und 91 Parlamentarier und Mitarbeiter der Parlamentarischen Versammlung. Ich persönlich war mit Kollegen der Parlamentarischen Versammlung im Kurzzeiteinsatz.

Wir kamen am Donnerstag vor der Wahl an und blieben bis zum Tag danach. Als Beobachter bin ich gehalten, auf die Gesamtbewertung der OSZE zu verweisen, und nicht nur meine eigenen Beobachtungen für die Bewertung der Wahl heranzuziehen. Deshalb zitiere ich im Folgenden aus dem OSZE-Abschlussbericht, der sich mit meinem positiven Eindruck deckt.

„Im Ergebnis kam die OSZE zu folgenden wesentlichen Erkenntnissen:

– Die Parlamentswahlen in Ungarn boten den Wählern verschiedene pol. Alternativen und wurden gut durchgeführt.
– Der rechtliche Rahmen in Ungarn bildet eine angemessene Grundlage für die Durchführung demokratischer Wahlen.
– Nach einem umfassenden Verfahren zur Registrierung der Kandidaten konnten diese ihren Wahlkampf weitgehend frei führen.
– Der Wahltag verlief friedlich und wurde von den Beobachtern als gut organisiert, geordnet und reibungslos bewertet, wenngleich es auch Berichte von überfüllten Wahllokalen gab.“

Allerdings haben insbesondere die Langzeitbeobachter auch Defizite festgestellt, die über die Organisation des Wahltages und den Wahlvorgang im engeren Sinne hinausgehen: Dabei ging es beispielsweise um Voreingenommenheit von Medien und Transparenz von Wahlkampffinanzierung.

Unterlegene Parteien und Kandidaten neigen ja in Demokratien oft dazu, die Niederlage mit Wahlbetrug zu kommentieren. Donald Trump ist da wohl das prominenteste Beispiel. Einen Nachweis über wahlentscheidende Manipulationen konnten auch seine Anwälte in mehr als 60 Gerichtsverfahren nicht vorlegen. Wären wahlentscheidende Manipulationen überhaupt möglich?

Wir haben in Ungarn keinen Wahlbetrug feststellen können. Der Wahltag war hervorragend organisiert, die Stimmabgabe war transparent. Die Kommissionen in den Wahllokalen konnten von Vertretern aller Parteien besetzt werden, die sich gegenseitig kontrollierten und gleiches Stimmrecht für Kommissionsentscheidungen hatten. Es gab vereinzelt Gerüchte, dass sogenannte „Kettenstimmabgaben“ stattfinden könnten. Hier sollten Gruppen von Wählern immer den Wahlzettel des vorigen Wählers einwerfen und dann den eigenen Wahlzettel mit einem bestimmten Kreuz versehen und dem nächsten Wähler weitergeben. Das ganze dann gegen Geld oder Naturalien. Nun, wir haben so etwas nirgendwo beobachtet. Auch Einflussnahme von Parteien auf Wähler am Wahltag, beispielsweise in den Schlangen vor dem Wahllokal haben wir nicht beobachtet – und wir haben extra auf solche Dinge geachtet, weil diese Art von Manipulationen im Vorfeld befürchtet worden waren.

Sie waren mit einer internationalen Parlamentariergruppe als Beobachter in Ungarn. Kommen die auch nach Deutschland, wenn hier Wahlen sind, um zu schauen, dass alles korrekt läuft?

Die OSZE wird von der jeweiligen Regierung zur Wahlbeobachtung eingeladen. Seit 2009 sind OSZE-Beobachter auch in Deutschland bei den Bundestagswahlen dabei. Ich würde mir allerdings wünschen, dass die OSZE ähnlich wie in Ungarn mit einer großen, umfangreichen Mission aufwartet, um die Chancengleichheit der Parteien im Vorfeld der Wahl zu überprüfen, insbesondere was die Rolle der öffentlich-rechtlichen Medien anbetrifft und die Abhängigkeit der Zeitungen von staatlichen Geldern. Ich bin mir sicher, dass ähnliche Defizite wie in Ungarn bemängelt werden würden. Darüber hinaus sollte einmal begutachtet werden, wie oft verschiedene Parteien in den Haupt-Talkshows wie Maybrit Illner, Anne Will und Hart aber Fair vorkommen. Hier gibt es in Deutschland ein Ungleichgewicht, das unserer Demokratie schadet.

Was genau haben Sie dort gemacht, wie verlief der Wahltag für Sie persönlich?

Am Freitag und Samstag gab es verschiedene Briefings. Die Langzeitbeobachter stellten ihre Ergebnisse vor, Medien und Parteienvertreter waren eingeladen, Juristen beleuchteten die legalen Aspekte der Wahl und der Direktor der Wahlleitung in Ungarn stand Rede und Antwort- also der „Bundeswahlleiter“, wie er in Deutschland genannt wird.

Weil ich mich bereiterklärt hatte, am Wahltag außerhalb von Budapest eingesetzt zu werden, fuhr ich am Samstagnachmittag nach Pecs (Fünfkirchen). Dort traf ich mich mit zwei weiteren Kurzzeitbeobachtern: Tom Packalén (Finnland) von der Finns Party und Shannon Simrell (USA), die vom US-Kongress gesandt wurde. Wir wurden von den dortigen Langzeitbeobachtern instruiert. Am Sonntagmorgen fuhren wir in verschiedene von uns ausgesuchte Wahllokale in der Stadt und im umliegenden ländlichen Raum. Wir kamen ohne Vorwarnung.

Jeweils einer von uns übernahm die Leitung und stellte unser Team zunächst dem jeweiligen Vorsitzenden der Wahlkommission vor. Dann ließen wir uns verschiedene Dinge zeigen, zum Beispiel das offizielle Protokoll, die Legitimationsurkunden für die Mitglieder der Wahlkommission und die Wahlunterlagen. Wir beobachteten, ob die Wähler sich ordnungsgemäß auswiesen und im Wahlregister standen. Wir achteten darauf, dass die Unterlagen richtig übergeben wurden und auf die Möglichkeit, geheim in einer Wahlkabine zu wählen.

Wir überprüften die Siegel an den Urnen. Und wir sprachen mit Mitgliedern der Kommission und mit Wählern. Dabei half uns ein Übersetzer, der uns den ganzen Tag begleitete. Einmal kam eine Leiterin eines Wahlbüros auf uns zu und berichtete von einem Wahlplakat, das ihrer Meinung nach in zu geringer Distanz zum Wahllokal hing. Wir wussten bereits von den Briefings, dass dies in Ungarn – anders als in Deutschland- für alle Parteien erlaubt ist. Wir klärten das ganze aber noch mal mit dem OSZE-Büro ab und erhielten eine Bestätigung dieser rechtlichen Auffassung.

Ich persönlich interessierte mich auch besonders für das Minderheitenwahlrecht. Deshalb wählten wir uns einige Wahllokale aus, in denen – charakteristisch für die Gegend – Wähler der deutschen Minderheit zu erwarten waren. Diese konnten eine besondere Minderheitenliste wählen. Ich ließ mir in mehreren Wahllokalen das Wählerregister der Minderheiten und die entsprechenden Wahlunterlagen zeigen und stellte fest, dass alles korrekt verlief. Der Tag war zwar anstrengend, aber auch sehr lehrreich und interessant. Wir wurden stets respektvoll und wohlwollend empfangen.

In einem Wahllokal war der Wahlleiter ein Deutschlehrer. Er freute sich ungemein, einen deutschen Bundestagsabgeordneten begrüßen zu dürfen und zeigte mir kurz seinen Deutsch-Klassenraum, in dem auch die Wahl stattfand. In dieser Gegend lebten Donauschwaben, die vor vielen Jahren aus meinem Heimatbundesland Baden-Württemberg ausgewandert waren.

Das Interview führte Klaus Kelle.

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