Der Große Preis der Deutschen Doppelmoral

Der Große Preis der Deutschen Doppelmoral

01.03.2022 – Gunnar Kaiser

Eine Satire von Tarek Schwarz

Sind Sie Mitglied bei Greenpeace und WWF, wollen aber auf den Genuss eines saftigen Doppelwhoppers nicht verzichten? Fahren Sie Ihre mit Pappschildern bewaffneten Kinder im SUV zur Fridays-for-Future-Demo? Regen Sie sich über den Pflegenotstand auf, sind aber der Meinung, dass ungeimpfte Pflegekräfte nicht mehr arbeiten dürfen? Tanzen Sie mitten in einer Pandemie für die Rechte der Regenbogenfraktion auf einer öffentlichen Großveranstaltung wie dem Christopher Street Day? Und finden Sie diese „Spaziergänger“ aufgrund ihrer verantwortungslosen und unsolidarischen Haltung einfach schrecklich, während sie selbst mit 100.000 Menschen in Berlin gegen den Russland-Ukraine-Konflikt auf die Straße gehen?

Dann heißt es nun: Herzlichen Glückwunsch! Denn Sie haben ihn gewonnen, den Großen Preis der Deutschen Doppelmoral! Hiermit überreichen wir Ihnen die begehrte Trophäe „TWO-FACE“, hergestellt in einer romantischen Nachtschicht von kleinen äthiopischen Patschehändchen, aber geliefert über ein nachhaltiges Fair-Trade-Unternehmen. Mögen Sie sich für immer an folgende Grundsätze erinnern:

  1. Die Ausübung des im Grundgesetz verankerten Rechts auf Demonstrationsfreiheit (Art. 8 GG) gilt zwar für alle Menschen – die Legitimität einer Demonstration ist hingegen vom politischen Anlass abhängig. In der Praxis bedeutet das: Großdemos für den Stolz von Minderheiten und gegen einen Krieg im Ausland sind legitim, aber kleinere Versammlungen und Spaziergänge gegen die deutsche Coronapolitik sind unerhört, weil demokratiefeindlich, unverantwortlich und böse.
  2. Verwandeln Sie jede Sachfrage in eine Frage von Gesinnung oder Identitätspolitik. Damit schlagen Sie der nervigen Logik sämtlicher Schwurbler ein Schnippchen, denn Sie wissen: Nicht die Sache selbst ist entscheidend, sondern die Frage danach, wer sie vertritt. Sobald also „die Falschen“ eine Demonstration anmelden, oder „die Richtigen“ plötzlich mit „den Falschen“ paktieren (und dadurch zu „den Falschen“ überlaufen), brauchen Sie keine Argumente mehr. Ihre Gegner liegen allein deshalb falsch, weil sie sind, wie sie sind. Will einer dieser Schwurbler seine Beteiligung an einem Spaziergang plausibel begründen, dann dürfen Sie diese Begründung zurückweisen, denn schließlich geht es Ihnen nicht um die Wahrheit des anderen, sondern darum, dass er gegen Ihren felsenfesten Moralkodex verstößt.
  3. Bekunden Sie, wann immer es geht, Ihre weltoffene und tolerante Haltung. Geben Sie sich gegenüber Ihresgleichen betont pazifistisch, malen Sie sich Herzchen auf die Wange, kaufen Sie ihre Kleidung im Second-Hand-Laden und besuchen Sie sämtliche Vorlesungen über Diskriminierungsprävention. Vor allem beim Einkauf und bei der Arbeit sollten Sie jedoch darauf achten, dass eine G-Regel denen den Zutritt versagt, die ihre Gesundheit nicht unter Beweis stellen wollen, weil sie der irrsinnigen Ansicht sind, auch ohne Test und Impfung gesund zu sein. Irgendwo hat Ihre Toleranz schließlich Grenzen. Ihnen ist klar: Wo Unsolidarische sich nicht an die Spielregeln halten, tut ein bisschen Diskriminierung not, um sie zur „richtigen Einsicht“ zu bewegen.
  4. Machen Sie Ihrem Gegenüber deutlich, dass Fakt eben nicht gleich Fakt ist und jeder sich die Realität so konstruiert, wie sie ihm gefällt. Das verschafft Ihnen gleich zwei Vorteile: Zum einen müssen Sie auf stichhaltige Argumente nicht mehr eingehen und zum anderen können Sie sich bequem Ihre eigene Wahrheit basteln: zum Beispiel ein Gefahrenpotenzial, das sämtliche Maßnahmen nach wie vor uneingeschränkt rechtfertigt. Vergessen Sie im Zuge dessen aber nicht, selbst nur Argumente zu benutzen, die auf Einzelbeispielen beruhen, die Sie von jemandem gehört haben, der eine Frau kennt, deren Cousin eine Tante hat, die wiederum mit einem Arzt verheiratet ist, dessen unmittelbarer Vorgesetzter beste Verbindungen in ein anderes Land unterhält, in dem ein Provinzdoktor von einem fledermauszüchtenden Einsiedler zugeflüstert bekam, dass es genauso gewesen ist.

Doch nun, verehrter Gewinner, heben Sie den Arm empor und …. Nein, nicht diesen Arm … und auch nicht so! Also wirklich …! Nochmal: strecken Sie Ihren Arm hervor und empfangen Sie Ihre wohlverdiente Trophäe! Jawohl, so sehen Gewinner aus!

Und jetzt ab auf die nächste Großdemo. Aber passen Sie bloß auf, dass dort keine „Spaziergänger“ rumlaufen – mit denen wollen Sie nicht gesehen werden!

Der Große Preis der Deutschen Doppelmoral

01.03.2022 – Gunnar Kaiser

Eine Satire von Tarek Schwarz

Sind Sie Mitglied bei Greenpeace und WWF, wollen aber auf den Genuss eines saftigen Doppelwhoppers nicht verzichten? Fahren Sie Ihre mit Pappschildern bewaffneten Kinder im SUV zur Fridays-for-Future-Demo? Regen Sie sich über den Pflegenotstand auf, sind aber der Meinung, dass ungeimpfte Pflegekräfte nicht mehr arbeiten dürfen? Tanzen Sie mitten in einer Pandemie für die Rechte der Regenbogenfraktion auf einer öffentlichen Großveranstaltung wie dem Christopher Street Day? Und finden Sie diese „Spaziergänger“ aufgrund ihrer verantwortungslosen und unsolidarischen Haltung einfach schrecklich, während sie selbst mit 100.000 Menschen in Berlin gegen den Russland-Ukraine-Konflikt auf die Straße gehen?

Dann heißt es nun: Herzlichen Glückwunsch! Denn Sie haben ihn gewonnen, den Großen Preis der Deutschen Doppelmoral! Hiermit überreichen wir Ihnen die begehrte Trophäe „TWO-FACE“, hergestellt in einer romantischen Nachtschicht von kleinen äthiopischen Patschehändchen, aber geliefert über ein nachhaltiges Fair-Trade-Unternehmen. Mögen Sie sich für immer an folgende Grundsätze erinnern:

  1. Die Ausübung des im Grundgesetz verankerten Rechts auf Demonstrationsfreiheit (Art. 8 GG) gilt zwar für alle Menschen – die Legitimität einer Demonstration ist hingegen vom politischen Anlass abhängig. In der Praxis bedeutet das: Großdemos für den Stolz von Minderheiten und gegen einen Krieg im Ausland sind legitim, aber kleinere Versammlungen und Spaziergänge gegen die deutsche Coronapolitik sind unerhört, weil demokratiefeindlich, unverantwortlich und böse.
  2. Verwandeln Sie jede Sachfrage in eine Frage von Gesinnung oder Identitätspolitik. Damit schlagen Sie der nervigen Logik sämtlicher Schwurbler ein Schnippchen, denn Sie wissen: Nicht die Sache selbst ist entscheidend, sondern die Frage danach, wer sie vertritt. Sobald also „die Falschen“ eine Demonstration anmelden, oder „die Richtigen“ plötzlich mit „den Falschen“ paktieren (und dadurch zu „den Falschen“ überlaufen), brauchen Sie keine Argumente mehr. Ihre Gegner liegen allein deshalb falsch, weil sie sind, wie sie sind. Will einer dieser Schwurbler seine Beteiligung an einem Spaziergang plausibel begründen, dann dürfen Sie diese Begründung zurückweisen, denn schließlich geht es Ihnen nicht um die Wahrheit des anderen, sondern darum, dass er gegen Ihren felsenfesten Moralkodex verstößt.
  3. Bekunden Sie, wann immer es geht, Ihre weltoffene und tolerante Haltung. Geben Sie sich gegenüber Ihresgleichen betont pazifistisch, malen Sie sich Herzchen auf die Wange, kaufen Sie ihre Kleidung im Second-Hand-Laden und besuchen Sie sämtliche Vorlesungen über Diskriminierungsprävention. Vor allem beim Einkauf und bei der Arbeit sollten Sie jedoch darauf achten, dass eine G-Regel denen den Zutritt versagt, die ihre Gesundheit nicht unter Beweis stellen wollen, weil sie der irrsinnigen Ansicht sind, auch ohne Test und Impfung gesund zu sein. Irgendwo hat Ihre Toleranz schließlich Grenzen. Ihnen ist klar: Wo Unsolidarische sich nicht an die Spielregeln halten, tut ein bisschen Diskriminierung not, um sie zur „richtigen Einsicht“ zu bewegen.
  4. Machen Sie Ihrem Gegenüber deutlich, dass Fakt eben nicht gleich Fakt ist und jeder sich die Realität so konstruiert, wie sie ihm gefällt. Das verschafft Ihnen gleich zwei Vorteile: Zum einen müssen Sie auf stichhaltige Argumente nicht mehr eingehen und zum anderen können Sie sich bequem Ihre eigene Wahrheit basteln: zum Beispiel ein Gefahrenpotenzial, das sämtliche Maßnahmen nach wie vor uneingeschränkt rechtfertigt. Vergessen Sie im Zuge dessen aber nicht, selbst nur Argumente zu benutzen, die auf Einzelbeispielen beruhen, die Sie von jemandem gehört haben, der eine Frau kennt, deren Cousin eine Tante hat, die wiederum mit einem Arzt verheiratet ist, dessen unmittelbarer Vorgesetzter beste Verbindungen in ein anderes Land unterhält, in dem ein Provinzdoktor von einem fledermauszüchtenden Einsiedler zugeflüstert bekam, dass es genauso gewesen ist.

Doch nun, verehrter Gewinner, heben Sie den Arm empor und …. Nein, nicht diesen Arm … und auch nicht so! Also wirklich …! Nochmal: strecken Sie Ihren Arm hervor und empfangen Sie Ihre wohlverdiente Trophäe! Jawohl, so sehen Gewinner aus!

Und jetzt ab auf die nächste Großdemo. Aber passen Sie bloß auf, dass dort keine „Spaziergänger“ rumlaufen – mit denen wollen Sie nicht gesehen werden!

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